Kniffeliger Fall: Greift die Halterhaftung bei Fahrerflucht?

Mit dem Dienstwagen ausgeparkt, dabei eine Delle in einem fremden Auto hinterlassen – und davongefahren. Wenn Mitarbeitende Unfälle mit dem Dienstwagen nicht melden, begehen sie eine Straftat. Aber gilt das auch für den Fahrzeughalter? Wir klären auf, wann es sich um Fahrerflucht handelt, welche Konsequenzen drohen und welche Rolle die Halterhaftung dabei spielt.
Auf einen Blick
Haftet der Halter bei Fahrerflucht?
Ja – zivilrechtlich haftet der Halter laut § 7 StVG für alle Schäden, die beim Betrieb seines Fahrzeugs entstehen, auch wenn jemand anderes gefahren ist. Strafrechtlich ist Fahrerflucht jedoch ausschließlich eine Tat des Fahrers.
Kann die Versicherung den Fahrer oder Halter in Regress nehmen?
Bei vorsätzlicher Fahrerflucht kann der Versicherer vom Fahrer bis zu 5.000 Euro zurückfordern. Der Halter muss nur dann mit Regress rechnen, wenn er seine Pflichten grob verletzt – etwa durch fehlende Unfallmeldung oder mangelnde Kooperation.
Wie kann sich der Fuhrpark gegen Risiken absichern?
Durch die Schulung von Mitarbeitenden lässt sich das Haftungsrisiko deutlich reduzieren. Wer den Fahrern ihre Pflichten verständlich vermittelt, beugt rechtlichen und finanziellen Schäden wirksam vor.
Fahrerflucht startet schon bei kleinen Schäden
Wer sich von einem Unfallort – und das gilt auch bei kleineren Schäden – entfernt, ohne dass seine Personalien, das Fahrzeug und die Art der Beteiligung festgestellt werden konnten, bricht das Gesetz. Umgangssprachlich als Fahrerflucht bezeichnet, ist das unerlaubte Entfernen vom Unfallort laut §142 des Strafgesetzbuches eine Straftat. Es kann nicht nur mit einer Geld-, sondern auch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden.
Wartezeit bei Unfallsschäden:
Bei kleinen Unfällen – etwa beim Ein- oder Ausparken – ist der Geschädigte oft nicht vor Ort. Der Verursacher muss dann laut Gesetz eine „angemessene Zeit“ warten. Wie lange genau, ist gesetzlich nicht festgelegt. Maßgeblich sind Ort, Tageszeit und Schadenshöhe. Danach muss der Schaden unverzüglich der Polizei oder dem Geschädigten gemeldet werden.
Für den Fahrer ist das Entfernen von der Unfallstelle teuer
Kann der Verursacher eines Unfalls ermittelt werden, obwohl er sich unerlaubt vom Unfallort entfernt hat, drohen nicht nur strafrechtliche Konsequenzen – auch der Schaden selbst kann teuer werden. Zwar sind Firmenfahrzeuge in der Regel haftpflichtversichert, und der Schaden am fremden Fahrzeug wird zunächst von der Versicherung reguliert.
Doch bei Fahrerflucht kann der Versicherer den Fahrer in Regress nehmen – das heißt: Der Fahrer muss einen Teil der Kosten aus eigener Tasche zahlen. Die Grenze liegt hier üblicherweise bei 2.500 Euro, in besonders gravierenden Fällen (z. B. bei Vorsatz oder Wiederholung) sogar bei 5.000 Euro.
Auch der Kaskoschutz steht in solchen Fällen auf wackeligem Fundament: Bei vorsätzlichem Handeln kann der Versicherer die Zahlung verweigern. Das bedeutet: Das Unternehmen bleibt auf dem Schaden sitzen. Entsprechend ist das unerlaubte Entfernen vom Unfallort ein arbeitsrechtlich relevanter Verstoß – oft ein klarer Grund für eine Abmahnung, in schwerwiegenden Fällen sogar für eine fristlose Kündigung.
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Halterhaftung greift auch bei Fahrerflucht
Die Halterhaftung betrifft nicht nur die bekannten Pflichten wie die regelmäßige Führerscheinkontrolle im Fuhrpark, die UVV-Unterweisung oder die jährliche Fahrzeugprüfung. Auch für Schäden Dritter kann der Halter verantwortlich gemacht werden – selbst dann, wenn er nicht selbst gefahren ist.
Nach § 7 StVG haftet der Halter eines Fahrzeugs für alle Schäden, die beim Betrieb des Fahrzeugs entstehen. Diese sogenannte Gefährdungshaftung gilt laut Gesetz verschuldensunabhängig. Das heißt: Der Geschädigte kann sich unmittelbar an das Unternehmen als Halter wenden, um Schadenersatz zu verlangen.
Gesetzestext
„Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“ – § 7 StVG
Halter kann nicht ohne Weiteres in Regress genommen werden
Entsprechend § 7 StVG haftet der Halter also für Schäden – diese werden jedoch in der Regel von der Haftpflichtversicherung übernommen, auch wenn der Verursacher nicht festgestellt werden kann**.** Ein Regress gegen den Halter kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa wenn er seine Pflichten gegenüber dem Versicherer grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt, zum Beispiel durch unterlassene Schadenmeldung oder fehlende Mitwirkung bei der Fahrerermittlung.
Kritischer wird es bei der Kaskoversicherung (Voll- oder Teilkasko). Diese deckt Schäden am eigenen Fahrzeug ab – aber nur, solange der Versicherungsfall nicht vorsätzlich herbeigeführt oder grob fahrlässig verschwiegen wurde.
Kooperiert der Halter vollständig – etwa durch sofortige Meldung, Vorlage aller relevanten Unterlagen und Benennung möglicher Zeugen – kann der Versicherer nur dann Regress fordern, wenn er nachweisen kann, dass eine Pflichtverletzung des Halters die Schadenregulierung nachweislich erschwert oder verhindert hat.
Halter muss Ermittlungen der Behörden unterstützen
Der Halter ist außerdem verpflichtet, die Ermittlungsbehörden bei der Feststellung des verantwortlichen Fahrers zu unterstützen. Anders als im Falle der Halterhaftung beim Parkverstoß ist bei größeren Schäden und Fahrerflucht davon auszugehen, dass die Ermittler wesentlich hartnäckiger sind.
Fahrerflucht als Straftat für Halterhaftung nicht relevant
Wichtig zu wissen: Die Fahrerflucht selbst ist ausschließlich eine Straftat des Fahrers – nicht des Halters. Strafrechtlich haftet nur die Person, die sich vom Unfallort entfernt hat. Der Halter wird entsprechend nicht strafrechtlich belangt, es sei denn, er hat z. B. Beihilfe geleistet oder falsche Angaben gemacht.
Bei ungeklärten Unfällen droht die Fahrtenbuchauflage
In vielen Unternehmen teilen sich Mitarbeitende Poolfahrzeuge ohne Privatnutzung – das ist praktisch, kann im verschwiegenen Schadensfall aber juristisch heikel werden. Gerade bei Fahrerflucht ist die eindeutige Zuordnung des Fahrzeugs zu einer Person entscheidend.
Wenn keine ordentliche Dokumentation vorliegt, kann das Konsequenzen haben: Die Ermittlungsbehörden verlangen zunächst Auskunft über mögliche Fahrzeugführer. Kann das Unternehmen bzw. die Fuhrparkleitung die nötigen Informationen nicht bereitstellen, werden die Behörden für die Zukunft wahrscheinlich eine Fahrtenbuchauflage anordnen.
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Prävention und Empfehlungen für Fuhrparkverantwortliche
Fahrerflucht lässt sich nicht vollständig verhindern – doch mit klaren Vorgaben und einer gut organisierten Fuhrparkverwaltung lassen sich Risiken deutlich reduzieren. Wer als Unternehmen frühzeitig entsprechende Strukturen schafft, schützt sich nicht nur vor versicherungs- oder haftungsrechtlichen Problemen, sondern auch vor Image- und Vertrauensverlust.
Im Mittelpunkt sollte dabei die Aufklärung der Mitarbeitenden stehen. Nur selten handeln diese mit böser Absicht, wenn sie sich unerlaubt vom Unfallort entfernen. Häufig fehlt das Wissen über die rechtlichen Konsequenzen – oder die Unsicherheit in der Stresssituation führt zu einer Fehlentscheidung.
Die jährlichen Schulungen im Rahmen der UVV-Fahrerunterweisung sollten daher immer auch das richtige Verhalten bei Unfällen thematisieren – von der Absicherung der Unfallstelle bis zur rechtskonformen Meldung. Das Modul Fahrerunterweisung von DriversCheck beinhaltet diese wichtigen Lektionen und ermöglicht Fahrerinnen und Fahrern ortsunabhängige Lehreinheiten per Smartphone.
Durch die jährlich vorgeschriebenen Schulungen gewinnen Mitarbeitende Sicherheit im Umgang mit Ausnahmesituationen. So treffen sie im Ernstfall bessere Entscheidungen – im Interesse aller Beteiligten und mit weniger Folgeschäden für Unternehmen, Betroffene und sie selbst.
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